Ätherische Öle können mehr als nur gut riechen: zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen die Wirkung bei physischen und psychischen Beschwerden
Aromatherapie ist Teil der Phytotherapie (Pflanzenheilkunde)
Ätherische Öle sind hochkonzentrierte Stoffe, die aufgrund ihrer Biochemie ein breites Wirkungsspektrum aufweisen und sowohl bei körperlichen als auch bei psychischen Beschwerden eingesetzt werden können.
Nicht umsonst gibt es mittlerweile einige Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen, die mit ätherischen Ölen arbeiten, sprich Aromapflege einsetzen. In England und Frankreich ist die Aromatherapie ein anerkanntes komplementär-medizinisches Verfahren.
Viele Menschen kennen ätherische Öle zur Raumbeduftung, um einen angenehmen Geruch zu erzeugen. Da kommen ätherische Öle dann gerne in die Ecke "Hausfrauen beduften ihr Heim" oder sie werden dem esoterischen Bereich zugeordnet.
Ätherische Öle können aber bei Weitem mehr als nur gut riechen!
In diesem Beitrag gebe ich dir:
einen Überblick über wissenschaftlich belegte Wirkungsweisen
einen kurzen geschichtlichen Überblick der Aromatherapie Forschung
Beispiele für Untersuchungsmethoden
Beispiele für wissenschaftliche Ergebnisse (körperlich und psychisch)
Wissenschaftliche Studien, welche den Nachweis der Wirkungszusammenhänge von ätherischen Ölen auf den menschlichen Organismus untersuchen, gibt es mittlerweile viele. Die meisten sind jedoch in englischer Sprache publiziert.
Hier nur ein paar Beispiele des Wirkungsspektrums ätherischer Öle:
sie können zur Raumluftdesinfektion eingesetzt werden (ätherische Öle sind sogar wirksam gegen multiresistente Keime)
sie wirken antiviral und antibakteriell
sie wirken hautpflegend
sie können zur Schmerzlinderung eingesetzt werden
sie sind tolle Helfer bei Wund- und Narbenbehandlungen
sie wirken antimykotisch (gegen Pilze)
sie helfen uns durch ihre schleimlösende und auswurffördernde Wirkung bei Erkältungskrankheiten
sie können durchblutungsfördernd, entkrampfend und entzündungshemmend wirken
sie können hormonell ausgleichend wirken
sie unterstützen uns bei seelischen Schieflagen und Beschwerden (beruhigend, angstlösend, stimmungsaufhellend, konzentrationsfördernd, schlaffördernd)
Aromatherapie und Forschung: ein kurzer geschichtlicher Überblick
Ätherische Öle wurden bereits vor tausenden Jahren In den unterschiedlichsten Kulturen auf der ganzen Welt verwendet. Zu rituellen oder heilenden Zwecken wurden ätherischen Öle von den Ägyptern und Griechen, wie auch von den Chinesen und Indern eingesetzt
In der frühen Neuzeit befasste sich Paracelsus intensiv mit ätherischen Ölen und deren Wirkung. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts standen zunehmend chemische Heilmittel zur Verfügung und verdrängten die natürlichen Heilmittel,
Dank neuer Apparaturen in den chemischen Labors konnte in den 1890er Jahren der Nachweis erbracht werden, dass ätherisches Thymianöl Kolibakterien, Staphylokokken, Meningokokken,sowie das Koch-Virus zerstört.
Der französische Chemiker und Parfümeur René-Maurice Gattefossé entdeckte durch einen Zufall um 1920 herum die Wirkung ätherischer Öle (wieder) und verhalf der Aromatherapie zu einem neuen Aufschwung. Während eines chemischen Experiments in seinem Labor verbrannte Gattefossé sich seine Arme und stürzte sich daher ins Freie, um auf den Rasen wälzend die Flammen zu löschen. Danach entwickelte sich an beiden Händen ein Wundbrand (ausgelöst durch das Bakterium Clostridium perfringens) Damals verstarben viele infizierte Menschen daran oder mussten eine Amputation der befallenen Gliedmaßen vornehmen, Gattefossé konnte sich durch regelmäßige Spülumgen mit Lavendelöl aber heilen.
Dies war der Beginn seiner wissenschaftlichen Forschung von ätherischen Ölen zu therapeutischen, medizinischen und ästhetischen Zwecken.
Gattefossé schulte auch Jean Valnet und Marguerite Maury in die Aromatherapie ein, welche ihrerseits ebenfalls verschiedene Forschungen mit ätherischen Ölen durchführten und zahlreiche Bücher dazu publizierten.
Von Frankreich aus gelangte die Aromatherapie und die wissenschaftliche Forschung nach England, wo sie schnell viele Anhänger fand - in keinem anderen Land findet sie so große Akzeptanz. In Italien wurde vor allem an der psychischen Wirkung von ätherischen Ölen geforscht. Prof. Paolo Rovesti, der an der Universität Mailand den ersten Lehrstuhl für Aromatherapie errichtete, beschrieb die Wirkung von Zitrusölen auf Depressionen und Angstzuständen.
Es gab also bereits sehr früh wissenschaftliche Studien über ätherische Öle und seit Ende des 20. Jahrhunderts wird in klinisch randomisierten Studien deren Einsatz bei Krankheiten erforscht
Wissenschaftliche Untersuchung ätherischer Öle
Ein Problem bei der wissenschaftlichen Untersuchung ätherischer Öle ist, dass meist Einzelsubstanzen untersucht werden. Ätherische Öle sind aber Vielstoffgemische mit mehreren hunderten Molekülen. Gerade die Synergie dieser Einzelstoffe führt zu dem breiten Wirkungsspektrum ätherischer Öle. Wenn nur eine Substanz isoliert analysiert wird, dann ist diese Synergie, und daher auch die volle Wirkung, nicht gegeben.
Die Einzelsubstanzen Linalool (Hauptbestandteil des Lavendelöls) oder 1,8 Cineol (Eukalyptol) sind zum Beispiel wissenschaftlich gut und oft untersucht worden.
Ätherische Öle sind aber eben mehr als nur die Summe ihrer Einzelöle.
Hinzu kommt, dass Studien zum Öl derselben Pflanzenart zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können. In der Natur passen sich Pflanzen nämlich ihren äußeren Bedingungen (Klima, Höhenlage, Bodenbeschaffenheit etc.) an und entwickeln dadurch unterschiedliche chemische Profile. Um dies zu umgehen müssen naturidente Stoffe (dies sind Stoffe die es in der Natur gibt, aber im Labor hergestellt/nachgebaut werden) untersucht werden. Allerdings verhalten sich diese anders im menschlichen Organismus als naturreine Stoffe.
Die starke Wirkung ätherischer Öle gegen Krankheitskeime ist durch verschiedenste Studien der letzten hundert Jahre mehrfach bewiesen worden.
Die Wirksamkeit eines ätherischen Öls gegen Bakterien und Pilze lässt sich mit einem Aromatogramm nachweisen, Dabei werden die zu testenden Erreger auf einem speziellen Nährboden ausgestrichen, mit Blanko-Testplättchen belegt und mit den verschiedenen ätherischen Ölen beträufelt. Nach einer Bebrütung von 18- bis 24 Stunden werden dann die Hemmhöfe ausgemessen und ausgewertet. Je wirksamer ein Öl ist, umso größer ist der Hof in der Petrischale, wo keine Bakterien oder Pilze wachsen konnten.
Das Aromatogramm ist ein sehr zuverlässiges System, das jederzeit individuell durchgeführt werden kann. Dieser Test ist wissenschaftlich anerkannt und wird auch bei der Resistenztestung von vielen Antibiotika routinemäßig durchgeführt
Beispiele für wissenschaftliche Ergebnisse
Eliane Zimmermann hat in ihrem Blogartikel unter anderem diese Beispiele für deutschsprachige Studienergebnisse aufgeführt:
"• Prof. Dr. Gerhard Buchbauer von der Universität Wien erforschte über dreißig Jahre lang die Wirkung von Riechstoffen auf das Nervensystem von Tier und Mensch und analysierte, ob und wie schnell einzelne Bestandteile von ätherischen Ölen im Blut nachzuweisen sind, und wann sie wieder aus dem Körper ausgeschieden werden. Er hat zudem bereits gründlichste Studien über die Wirkweise von Lavendelöl und den Hauptbestandteilen Linalool und Linalylacetat auf die motorischen Zentren durchgeführt, damit dieses wertvolle Öl endlich das Prädikat “wissenschaftlich belegt” bekommen kann und nicht nur unter “traditionell angewendet” firmieren muss. Es kann somit immer als Adjuvans zur Behandlung von hypermotorischen und gestressten Patienten verabreicht werden, die angstlösenden und schlaffördernden Effekte machen es auch zu einem idealen Mittel in psychiatrischen und geriatrischen Einrichtungen (Buchbauer 2004).
• Prof. Dr. Reinhard Saller vom Universitätsspital Zürich verglich das ätherische Öl von Melaleuca alternifolia (Teebaum) mit den Ölen anderer Myrtengewächse und fand heraus, dass eine Konzentration von 0,25 % ausreicht, um Staphylokokkus aureus, Escherichia coli und andere Bakterien abzutöten (Harkenthal & al 1999).
• Prof. Dr. Jürgen Reichling von der Universität Heidelberg konzentrierte sich in seiner Forschung mit ätherischen Ölen vor allem auf deren antivirale Wirkung und konnte nachweisen, dass einige ätherische Öle der Myrtenfamilie erstaunliche Effekte zur Verkürzung von Herpes simplex-Episoden haben (Reichling 2006).
• Prof. Dr. Uwe R. Juergens von der Universität Bonn zeigte in einer Vergleichssstudie 1,8-Cineol (Soledum) vs. Cortison, dass Asthmatiker ihre Cortisondosis drastisch reduzieren können, wenn sie Eukalyptol-Kapseln einnehmen (Juergens & al. 1998). Auch andere Pharmazieunternehmen haben ätherische Öle oder einzelne Bestandteile daraus bereits ausführlich unter die Lupe genommen (z.B. Pohl Booskamp mit Gelomyrtol oder Spitzner mit Enteroplant), so dass es auch von dieser Seite gesicherte Erkenntnisse gibt, die im Übrigen von den jeweiligen Firmen meistens gerne zur Verfügung gestellt werden.
• Die Einnahme von d-Limonen (ein Monoterpen vor allem aus Zitrusschalen-Ölen) und dessen Metabolit Perillylalkohol zeigte am Tier und mittlerweile auch am Menschen, dass diese Stoffe bestimmte Krebsarten deutlich verlangsamen können, sodass sich einerseits die Überlebensrate erhöhte oder gar das Wachstum der Tumorzellen für einige Zeit zum Stillstand kam, andererseits kann man den Patienten die verbleibende Zeit damit qualitativ enorm verbessern (Buchbauer 2004, Morgan-Meadows & al. 2003).
• Die ätherischen Öle von Salvia officinalis (Salbei) und S. lavandulifolia (Lavendelsalbei) haben in einer In vitro-Studie einen Anti-Cholinesterase-Effekt gezeigt. Somit ähnelt ihre Wirkung der Wirkungsweise von modernen Medikamenten, die bei Morbus Alzheimer verschrieben werden. Auch die Öle-Hauptbestandteile Borneon, 1,8-Cineol und α-Pinen zeigten, je nach Verdünnungsgrad, eine Unterdrückung von Acetylcholinesterase (Nicolette & al. 2003)."
Auch im Bereich der Aromapflege (= der professionelle Einsatz von ätherischen Ölen in der stationären/ambulanten Pflege, wie auch die gezielte Anwendung zu Hause) gibt es Studien. Als Beispiel sei hier die Studie zur aromatherapeutischen Anwendungen bei Brustkrebspatientinnen erwähnt, die von der Charite Berlin in Zusammenarbeit mit Primavera durchgeführt wird.
Der Studie liegt die Annahme zugrunde, dass sich aromatherapeutische Interventionen positiv auf Schlaf, Unruhe und Angst bei Brustkrebspatientinnen auswirken. Mehr dazu hier.
DI Dr. Veronika Schöpf, von der Abteilung für Neuroradiologie, Universitätsklinik für Radiodiagnostik in Wien, hat sich mit der bildhafte Darstellung olfaktorischer Phänomene (Riechwahrnehmung) beschäftigt. Die Darstellung olfaktorischer Phänomene mittels funktioneller Magnetresonanztomographie erfolgt durch den BOLD-Effekt. Dabei führt eine funktionelle Stimulation zu einer Steigerung der synaptischen Aktivität im Gehirn. Dadurch erhöhen sich die metabolische Rate, der Sauerstoffverbrauch und der lokale zerebrale Blutfluss. Oxyhämoglobin nimmt zu, Deoxyhämoglobin ab. In ihren aktuellen wissenschaftlichen Untersuchungen konnte Veronika Schöpf zeigen, dass die Mehrheit der Duftstoffe in Abhängigkeit von der Konzentration sowohl das olfaktorische, als auch das trigeminale System des Menschen aktiviert. Sie konnte mittels MRT diese Prozesse des Gehirns sichtbar machen und so die funktionellen Verarbeitungsschritte von verschiedenen Geruchsstoffen beschreiben.
Aromatherapie kann neben körperlichen Beschwerden auch sehr effektiv bei psychischen Beschwerden eingesetzt werden. Auch hierzu gibt es zahlreiche Studien.
Vor allem gegen Stress und Angst können ätherische Öle gute Helfer sein, denn viele Inhaltsstoffe können auf unsere Neurotransmitter einwirken.
Die Wirkung von Lavendel auf Angstzustände wurde zum Beispiel in einer klinischen Studie von den Forschern Perihan Şimşek und Dilek Çilingir vom Institut für Krankenpflege der Technischen Universität Karadeniz, in der Türkei, bestätigt. Die Forschung belegt eine signifikant positive Korrelation zwischen der Lavendel-Aromatherapie und der Angstreduktion in Notaufnahmen.
Eine weitere klinische Studie zeigt die positive Wirkung der Aromatherapie durch Inhalation von ätherischem Melissenöl zur Linderung von Stress und der Verbesserung der hämodynamischen Parameter bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom in der Notaufnahme.
Eine englische Übersichts-Arbeit über die angstlösende Wirkung von ätherischen Ölen (in prä-klinischen und klinischen Studien) ist hier nachzulesen.
Dies sind nur ein paar Beispiele für wissenschaftliche Studien zur Aromatherapie.
Du willst mehr zu wissenschaftlichen Studien wissen?
Wer mehr über wissenschaftliche Studien zu ätherischen Ölen wissen will, dem empfehle ich den Blog von Eliane Zimmermann, die hier verschiedenste Studien erklärt.
Auch bei aroma campus kann man hier Beiträge zu wissenschaftlichen Studien lesen - hier gibt es auch sehr aktuelle Studien.
Das Buch "Aromatherapie in Wissenschaft und Praxis" von Wolfgang Steflitsch/Dietmar Wolz/Gerhard Buchbauer liefert wissenschaftliche Studien und fundierte Erfahrungen aus der Praxis.
Ein weiteres Buch, das ich sehr empfehlen kann ist das "Aromapflege Handbuch" von Evelyn Deutsch, Bärbl Buchmayr und Marlene Eberle. Hier hat Eliane Zimmermann ein eigenes Kapitel zu wissenschaftlichen Studien erstellt.
Es gibt sie also, die wissenschaftlichen Beweise zur Wirksamkeit ätherischer Öle. Klinische Studien sind sehr teuer und müssen von der Industrie finanziert werden - große Pharmakonzerne haben meist kein Interesse daran, Millionen in die Untersuchung eines Naturprodukts zu stecken....Deshalb rate ich:
コメント